Beim Netzwerken scheiden sich die Geister: Es lieben oder hassen? Hingehen oder lassen? Überprüfe mit der folgenden Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie viel du in Netzwerken aktiv sein willst und wie du am besten davon profitierst.
Große Netzwerke und Menschenaufläufe befinden sich für die meisten Introvertierten außerhalb ihrer Komfortzone. Extrovertierte tun sich dabei bedeutend leichter, weil sie aus jedem Kontakt mit anderen Kraft und Inspiration ziehen.
Wir müssen uns da schon eher aufraffen, um uns unters Volk zu mischen und beim Netzwerken tatsächlich potenzielle Kunden oder Kooperationspartner anzusprechen.
- Überkommt dich schnell der Fluchtimpuls zurück in deine Höhle?
- Wie stark bist du betroffen von der Abneigung gegen Smalltalk?
- Meidest du potentielle Anlässe eher oder wirst du gut für dich aktiv?
Viele meiner introvertierten Kunden sind ausgesprochene Netzwerk-Muffel, mich mittlerweile eingeschlossen. Es sei denn, ich bin sehr vom Thema fasziniert.
Einige wiederum lieben es, auf Events oder Messen ganz informell Kontakte zu knüpfen und Kooperationen sehr persönlich zu initiieren. Das mutet dann so wenig nach Akquise an. Umso besser!
Stell dich deiner Abneigung! Dann findest du einen Weg, der besser zu dir passt
Je klarer du weißt, was dich nervt, belastet oder langweilt, desto besser kannst du deine eigene Netzwerk-Strategie entwickeln. Doch dazu später mehr. Zunächst ein Blick auf deine Frustfaktoren!
Hürde 1 – Benenne deine Frustfaktoren:
Was nervt dich beim Netzwerken?
Schreib alles auf, vom Smalltalk auf Stehpartys bis zum angeberischen Hans-Dampf in allen Gassen, der sich gern in den Mittelpunkt schiebt und Gespräche dominiert. Sei unbesorgt. Es werden Wege übrig bleiben, die dir entsprechen! Genau deshalb erkunden wir ja jetzt deinen Frust.
- Steh zu dir und deiner Abneigung: Solange ich halbherzig auf solche Veranstaltungen ging, nur um dabei zu sein, kam selten viel dabei herum. Sobald dich etwas massiv nervt, such lieber andere Wege, Menschen einzubinden und zu begeistern.
- Lass alles weg, was dich belastet: Der Empfang beim Gründerforum nervt dich? Weglassen! Obwohl du dort wertvolle Kontakte pflegen könntest… Ja! Erlaube dir, alles zu lassen, wozu du keine Lust hast. Wenn dir dieser Tipp Angst macht, dann probiere es für einen beschränkten Zeitraum, etwa einen Probe-Monat oder ein Quartal. Danach werte aus, ob dir etwas fehlt.
Hürde 2 – Überprüfe dein Vorgehen:
Wie strategisch gehst du vor?
Normalerweise wollen wir intuitiv Kontakte knüpfen. Beim beruflichen Netzwerken schadet es jedoch nicht, mit etwas Planung vorzugehen, gerade wenn du dazu neigst, lieber flüchten zu gehen. Wie sieht dein Vorgehen bislang aus?
- Keine Strategie: Meidest du Business-Events, weil sie dich nerven oder zu sehr auslaugen? Wenn du deine Kunden anders besser erreichen kannst, klasse. Willst du es neu probieren? Dann setze dir Ziele, siehe unten!
- Eher wahllose Präsenz: Mal hier, mal da auflaufen, knüpft noch keine neuen Bande! Manche rennen zu jeder Veranstaltung am Ort, nutzen die entstehenden Kontakte aber wenig! Mit guter Vor- bzw. Nachbereitung kannst du die investierte Zeit viel besser ausnutzen. Tipps folgen!
- Konsequente Präsenz: Ein klarer Fokus und gute Nachbereitung pushen dein Business! Wenn du neue Kontakte knüpfst, rufe dich bei interessanten Gesprächspartnern zeitnah in Erinnerung. So wächst dein Netzwerk! Zum Kontakt halten kannst du auch wieder schreiben, wenn dir das mehr liegt!
Hürde 3 – Identifiziere deine Hemmschwelle:
Wann genau wird es für dich schwierig?
Halte fest, wo genau du deine Hemmschwelle wahrnimmst:
Vor dem Gespräch
- Dich aufraffen
- Den Gesprächseinstieg meistern
- Tatsächlich Fremde oder entfernt Bekannte ansprechen
Im Gespräch
- Interesse wecken
- Das Gespräch auf dich und dein Angebot lenken
- Dich gut präsentieren bzw. verkaufen
Nach dem Gespräch
- Kontakt wieder aufnehmen
- Dran bleiben und konkrete Angebote machen
- Tatsächlich einen Abschluss erzielen
Zwischen-Fazit
Je besser du weißt, wo deine Frustfaktoren liegen, umso leichter kannst du gegensteuern und bist dem Ganzen nicht mehr hilflos ausgeliefert.
- Du raffst dich nicht auf? Vielfach überfordern wir uns, weil wir erwarten, auf Veranstaltungen genausolange durchzuhalten wie alle anderen. Wenn deine Stimmung kippt, fahre ruhig nach Hause, aber geh erst einmal hin.
- Du nutzt entstehende Kontakte kaum? Dann setz dir konkrete Ziele. Lege dir besser vorneweg einen Gesprächseinstieg zurecht statt nur in der Zuhörerposition zu verharren. Auch die Nachbereitung will durchdacht sein.
- Du hakst nicht nach? Statt Mengen von Visitenkarten nach Hause zu schleppen, hast du wahrscheinlich eher ein paar wenige gehaltvolle Gespräche geführt. Nimm zeitnah Kontakt auf und überlege dir, wie du diese Beziehungen intensivieren kannst. Sei dabei ruhig wählerisch!
Mein persönlicher Tipp: Fang bei der Planung deiner Netzwerk-Strategie an. Hier erkläre ich wie!
So gelingt Netzwerken mit der Inside-out-Strategie
Netzwerken lebt vom Kontakt, direktem wie indirekten. Alle, die du bereits kennst und die Kontakte deiner Kontakte. Aber gehen wir Schritt für Schritt vor:
Schritt 1 – Nutze all deine Stärken
Indem du deine introvertierten Stärken berücksichtigst, kannst du die zuvor erkannten Hürden abmildern und das Potenzial im Kontakt mit möglichen Kunden leichter ausschöpfen.
- Intro-Stärke Denken / Planen: Durch eine kluge Vorauswahl kannst du bei den richtigen Leuten punkten. Wähle, wer Interesse an deinem Thema oder Angebot haben könnte und mit welchem Aufhänger du den Kontakt eröffnen kannst. Dann weißt du mit gut durchdachten Argumenten zu überzeugen.
- Intro-Stärke Soziale Kompetenz: Statt andere mit deinem Anliegen zu überfallen, verfügst du als Intro über feine Antennen, dein Gegenüber genau da abzuholen, wo er steht. Vielfach mögen Intros lieber kleine Grüppchen oder Zweiergespräche, in denen inhaltlich diskutiert wird. Für große Event hilft es, dir einen klaren Auftrag zu stellen: Ich will zwei Personen näher kennenlernen, danach darf ich gehen…
- Intro-Stärke Substanz: Womöglich sagst du in großen Runden lieber weniger, doch das, was du sagst, hat Gewicht! In guter Gesellschaft und mit den richtigen Themen blühst du auf, so dass du Eindruck hinterlassen kannst. Erlaube dir, Tiefe herzustellen und nur mit wenigen Personen zu reden, das entspricht dir mehr als große Showeffekte!
Schritt 2 – Hangele dich langsam in unbekanntes Terrain vor
Am besten scannst du dein bestehendes Netzwerk mit Blick auf ein kommendes Angebot:
- Wen kennst du bereits, der dazu Affinität besitzt?
- Wie kommst du ins Gespräch?
- Wann bietet sich die nächste Gelegenheit für ein „Hallo“?
Je besser wir andere bereits kennen, desto weniger erscheint uns dies als Marketing. Umso besser! Gehe deshalb zuerst deinen Bekannten- bzw. ehemaligen Kundenkreis durch. Viel zu oft vernachlässigen wir nämlich, wen wir bereits kennen! Oder wir unterschätzen, wie wenig flüchtige Kontakte von unserer Selbstständigkeit wissen.
- Wen kennst du persönlich, für den dieses Thema interessant ist?
- Wer könnte Ansprechpartner für offene Fragen sein?
- Welchen Aufhänger kannst du wählen? Wie formulierst du deine Anfrage?
Dann weite deinen Blick auf Social Media bzw. die Kontakte deiner Kontakte aus. Prüfe auch hier, wenn du bereits näher kennst, bevor du die Suchfunktion oder Anzeigen bemühst.
Schritt 3 – Hol dir Förderer an Bord
Nun wird es spannend! Wer ist dir bei diesem Thema einen kleinen Schritt voraus? Vielleicht ein hilfreicher Türöffner…? Genau diese Multiplikatoren können dich neuen Personen vorstellen.
- Wer kennt die Zielgruppe, die du suchst?
- Wo gibt es Synergie-Effekte zu erwarten?
- Wer könnte Experte sein in einem angrenzenden Themengebiet?
Hier bieten sich wundervolle Gelegenheiten, um Marketing-Aktionen gemeinsam zu planen oder – ganz klassisch – um ein Weiterempfehlen zu bitten! Auch Kooperationen können lohnend sein, ggf. mit Rabatten für die Neukunden oder Provision für den, der weiterempfiehlt. Wenn dir das zusagt!
- Wer reizt dich?
- Was hast du zu bieten?
- Welche Anknüpfungspunkte gibt es bereits oder wie könntest du diese schaffen?
Schritt 4 – Setz dir konkrete Ziele!
Erstelle dir eine Übersicht, wie groß dein Netzwerk in den Rubriken persönliche Beziehungen, virtuelle Kontakte und mögliche Multiplikatoren zum gewählten Thema bereits ist. Notiere dir Namen oder vereinfacht die Anzahl deiner Kontakte. Noch entscheidender: Wie gut pflegst du diese Kontakte?
- Wer hat schon lange nichts von dir gehört?
>> Wann willst du Kontakt aufnehmen? - Wen lohnt es, in dieser Sache anzusprechen?
>> Wie kannst du Anlässe schaffen? - Welcher Schritt hätte Hebelwirkung?
>> Was packst du konkret als nächstes an?
Ebenso relevant:
- Wo triffst du deine Zielgruppe? Auf welchen Netzwerkevents, Messen, Kongressen, Barcamps oder sonstigen Veranstaltungen hast du die Chance alte Bekannte zu treffen oder neue Kontakte zu knüpfen? Oder willst du noch individueller vorgehen und dich eher privat auf einen Klönschnack treffen?
- Welches Vorgehen macht dir besonders Freude? Vielleicht ein Erstkontakt über Facebook und danach ein gemeinsames Mittagessen oder ein Telefonat (auch über Skype)? Auch das zählt als Netzwerken, für viele Introvertierte die geringere Hürde!
- Wie kannst du Kontakt halten? Willst du Interessenten in deinen Newsletter oder Social Media-Netzwerk aufnehmen? Oder möchtest du lieber ganz individuell bei jedem einzelnen vorgehen? Letzteres ist aufwändiger, aber bei einzelnen Multiplikatoren sicherlich gut investierte Zeit.
Zu guter Letzt! Vier Survival-Tipps für Großveranstaltungen
- Gib dir die Erlaubnis zu gehen! Fühl dich frei, dann zu gehen, wenn es für dich passt. Diese Freiheit hast du nicht erst, wenn du spürbar überfordert bist. Am besten setze dir vorab ein Zeitlimit – und halte es ein!
- Suche dir Ruhe-Inseln abseits! Wähle ruhig einen Platz am Rande, den Gang zum Buffet oder gönn dir ein kurzes Luftschnappen vor der Türe. Oft reichen schon wenige Minuten, um danach wieder offen für den nächsten Gesprächspartner zu sein.
- Wähle Gespräche mit Bedacht! Warte gern ab, dass andere auf dich zugehen. Doch bedenke, dass du niemandem ausgeliefert bist, sondern Themen ebenfalls vorgeben kannst. Bevor du dich langweilst, wechsele lieber den Gesprächspartner.
- Erlaube dir tiefgründig zu sein! Wenn dich der Smalltalk zu sehr anödet, stelle Fragen, die dich wirklich interessieren. Besser, du lernst eine Person richtig gut kennen, als bei zehn anderen nur schweigend daneben zu stehen.
Liebe Silke,
Du schreibst mir aus der Seele 🙂
Seit einem guten Jahr räume ich auf. Das bedeutet, dass ich nicht mehr überall präsent bin, aus Angst, eine diffuse Gelegenheit zu versäumen. Ich wähle inzwischen die Anlässe ganz bewusst nach Themen und Beteiligten aus. – Das auch, weil mir bewusst wurde, dass ich dazu neige, gleich irgendwelche Verantwortungen zu übernehmen und mich ehrenamtlich einzubringen. Ich erweise mir jetzt selbst mehr Ehre – und es geht mir besser damit. Die Treffen wirken nachhaltiger.
Liebe Evelyn,
das freut mich, dass ich dir aus der Seele schreibe.
Aufräumen scheint ein Hobby zu sein, dass wir gemeinsam haben…
Das Engagieren in Gruppen ist ein Weg, der Introvertierten durchaus empfohlen wird, weil uns das inhaltliche Einbringen mehr entspricht als purer Smalltalk. Gut allerdings, wenn du merkst, wann es zuviel wird. Dir „die Ehre erweisen“ ist ja eine schöne Formulierung!
Liebe Grüße, Silke
Liebe Silke,
wow, das ist umfassend!
Ich finde es auf Messen und Netzwerkveranstaltungen hilfreich, dass ich selber entscheiden kann, ob und wen ich anspreche. Wenn ich selber einen Messestand habe, ist es schwieriger, daher bin ich lieber Besucherin.
Wenn mir an dem Tag – anders als vielleicht geplant – gar nicht danach ist, dann lasse ich es bleiben und schlender nur umher, das ist dann für mich auch in Ordnung. Mittlerweile weiß ich, es kommt ganz stark auf meine Stimmung an.
Viele Grüße
Eva
Liebe Eva,
die Wahl zu haben, tut natürlich immer gut.
Ich bin auch gern Besucherin auf Messen und habe meistens ein ganz gutes Händchen bei der Auswahl meiner Gesprächspartner.
Unsere Stimmung und Tagesverfassung ist enorm wichtig. Allerdings erlebe ich es bei mir und anderen, dass wir uns mitunter zu sehr verkrümeln wollen und es nichts bringt, allein auf die richtige Stimmung zu warten. Wir können auch aktiv werden … und die Stimmung zieht nach! Zustimmen muss ich dir allerdings, dass es Tage gibt, da macht es wenig Sinn mich (oder meine Leistungen)… Dann lieber einigeln und etwas später oder auf andere Art aktiv werden.
Liebe Grüße
Silke